Ein windiger Frühlingstag im Norden Portugals. Auf einer Hügelkuppe im Barroso-Gebirge flattern Protestbanner im Wind. „Stop Mining, Save Nature“ steht darauf. Die Stimmung ist angespannt. In der Nähe plant das britische Unternehmen Savannah Resources den Abbau eines der größten Lithium-Vorkommen Europas. Lithium – jener Rohstoff, der für Elektroauto-Batterien, Energiewendespeicher und damit für Europas grüne Zukunft unverzichtbar ist. Doch die Menschen vor Ort wehren sich. Sie fürchten um ihre Heimat, ihre Wasserressourcen und ihre Landschaft. Es ist der Konflikt unserer Zeit: Europa braucht Rohstoffe – aber will und muss sie selbst fördern. Denn die Zeiten billiger und sicherer Rohstoffimporte sind vorbei.
Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise haben Europas Verwundbarkeit offengelegt. Doch weit über Öl und Gas hinaus droht eine noch tiefere Abhängigkeit: Die Versorgung mit sogenannten kritischen Rohstoffen ist zu großen Teilen in chinesischer Hand. Über 90 % der Seltenen Erden kommen aus China. Magnesium, Gallium, Germanium – alles Hightech-Materialien für Batterien, Windräder, Solarzellen oder Halbleiter – stammen überwiegend aus Asien. Und der chinesische Export-Stopp dieser Materialien infolge der US-Zölle zeigte, wie real die Gefahr in der Lieferkette ist: Ohne die Hightech-Materialien steht die europäische Industrie still. Europa muss also dringend gegensteuern. Nicht nur um seine Klimaziele zu erreichen – sondern um seine industrielle Souveränität zu bewahren.
Europas Antwort: Der Critical Raw Materials Act
Im März 2024 hat die EU deshalb eine ihrer ambitioniertesten Industriepolitiken verabschiedet: den Critical Raw Materials Act (CRMA). Die Strategie ist klar:
- 10 % des Rohstoffbedarfs sollen bis 2030 aus europäischem Bergbau stammen.
- 40 % der Verarbeitung soll innerhalb Europas erfolgen.
- 25 % sollen aus Recycling kommen.
- Kein Drittstaat darf mehr als 65 % eines strategischen Rohstoffs liefern.
Dafür unterstützt Brüssel strategische Projekte, beschleunigt Genehmigungen und knüpft Rohstoffpartnerschaften mit Afrika, Lateinamerika und Grönland. Doch der wichtigste Hebel liegt vor der eigenen Haustür.
Wo Europa gräbt: Heimische Vorkommen und Projekte
Europa verfügt über mehr Rohstoffvorkommen, als viele lange dachten. Doch ihre Erschließung ist komplex, teuer – und nicht selten umkämpft. Die EU hat im Rahmen des CRMA insgesamt 47 strategische Rohstoffprojekte in 13 Mitgliedstaaten ausgewählt, um ihre Abhängigkeit von Importen zu verringern.