• 09.06.2025
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Feststofftechnik aus Spanien: Was macht den Sektor stark?

Spaniens Wirtschaft ist bemerkenswert resilient. Allgemein entwickelt sie sich besser als die Industrie der Eurozone im Durchschnitt. Lässt sich dies auf den Bereich der Feststofftechnologie übertragen? Der spanische Verband für diesen Sektor, Techsolids, blickt auf zwei erfolgreiche Jahre 2023 und 2024 zurück und ist auch für 2025 optimistisch.

Geschrieben von Dr. Ulla Reutner

View inside a machine with a rotating mill blade and a millstone, in which black and green olives are crushed
Zu den spanischen Exportschlager zählen Oliven und – Feststofftechnik.

Der spanische Feststofftechnologiesektor beweist in einem komplexen globalen Wirtschaftsumfeld eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit. Das geht aus einer Umfrage zur wirtschaftlichen Lage 2023 hervor, die der spanische Verband für Feststofftechnologie Techsolids unter 92 spanischen Unternehmen dieses Industriesektors durchgeführt hat. Inzwischen haben sich auch ihre positiven Erwartungen für 2024 bestätigt. Dem allgemeinen positiven Trend der spanischen Wirtschaft folgte auch die Entwicklung im Bereich Feststofftechnologie.

Über 60 Prozent der befragten Unternehmen konnten im ersten Halbjahr 2024 einen Umsatzanstieg vermelden. Ferran Simón, stellvertretender Direktor von Techsolids, unterstreicht: „Diese Entwicklung steht im Einklang mit der allgemeinen Widerstandsfähigkeit der spanischen Wirtschaft, die dank der Erholung der Industrie, ausländischer Investitionen und einer gestiegenen Binnennachfrage über dem Durchschnitt der Eurozone liegt.“ Laut der Analyse des Verbands stechen mehrere Schlüsselaspekte hervor, die die Stärke und das Potenzial dieses Industriesektors in Spanien widerspiegeln.

1. Diversifizierung und Spezialisierung

Der spanische Feststofftechnologiesektor zeichnet sich durch eine hohe Spezialisierung und Diversifizierung aus. 50 Prozent der befragten Unternehmen sind Hersteller, 22,1 Prozent sind auf das Engineering und 16,2 Prozent auf die Produktvertretung spezialisiert. Dank dieser Diversifizierung kann der Sektor ein breites Spektrum industrieller Bedürfnisse abdecken, von der Herstellung von Maschinen bis hin zur technischen Beratung.

2. Innovation als Wachstumsmotor

Im Jahr 2023 führten 67,4 Prozent der Unternehmen Innovationsaktivitäten durch, wobei Produktinnovationen (45,3 Prozent) und Prozessinnovationen (43,4 Prozent) im Vordergrund standen. Darüber hinaus meldeten 12,77 Prozent der Unternehmen Patente an, was ihr Engagement für kontinuierliche Verbesserungen und internationale Wettbewerbsfähigkeit belegt. Der Trend zu Innovationen scheint ungebrochen.

3. Starke Exportorientierung

83 Prozent der Unternehmen exportierten im Jahr 2023 Waren oder Dienstleistungen, was die Bedeutung des internationalen Marktes für den Sektor unterstreicht. Zu den wichtigsten Exportzielen gehören Portugal (19,5 Prozent), Frankreich (17,2 Prozent) und Mexiko (8,1 Prozent). Diese internationale Ausrichtung diversifiziert nicht nur die Einnahmen, sondern stärkt auch die Präsenz der spanischen Unternehmen auf den wichtigsten Märkten. Im Jahr 2024 zeigte sich eine weitere Steigerung des Exportverhaltens. Insbesondere die Vereinigten Staaten gewannen als Exportmarkt an Bedeutung. „Letzteres ist zum Teil auf den Bedarf an fortschrittlichen Lösungen für die Handhabung fester Stoffe in der Pharma- und Lebensmittelindustrie zurückzuführen“, erläutert Simón. Auch aus Lateinamerika, insbesondere Chile und Kolumbien, verzeichne man dank Infrastruktur- und Industriemodernisierungsprojekten eine stärkere Nachfrage.

Porträtfoto von Ferran Simón, dem stellvertretenden Direktor von Techsolids
Ferran Simón, stellvertretender Direktor von Techsolids, betont: „Die starke Diversifizierung der Export-Zielländer ist und bleibt eine strategische Priorität für den spanischen Feststofftechnologiesektor.“

Mit Blick auf das Jahr 2025 meint Simón: „Das Interesse an Märkten wie Saudi-Arabien und Indien, wo groß angelegte Investitionen in Industrie- und Umwelttechnologien neue Möglichkeiten schaffen, wächst derzeit. Die Diversifizierung der Exportdestinationen bleibt eine strategische Priorität für den Sektor.“

4. Finanzielle Widerstandsfähigkeit

Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen meldeten 93,6 Prozent der Unternehmen im Jahr 2023 keine nennenswerten Schwierigkeiten beim Zugang zu Krediten. 34 Prozent der Unternehmen nahmen Finanzmittel von Finanzinstituten in Anspruch, was laut der Analyse von Techsolids auf ein solides Finanzmanagement und die Fähigkeit zu Investitionen in Wachstum und Entwicklung hindeutet.

Auswirkungen der Flutkatastrophe in Spanien

Ein einschneidendes Ereignis trübte jedoch die positive Entwicklung: Die schweren Überschwemmungen in Regionen wie Murcia, Andalusien und Valencia im Oktober 2024 wirkten sich störend auf die Lieferketten und den Betrieb mehrerer Unternehmen aus, insbesondere solcher mit Produktionsstätten oder Logistikzentren in den betroffenen Gebieten. Simón bescheinigt dem Industriesektor jedoch ein robustes Risikomanagement und eine fundierte Notfallplanung: „Die Auswirkungen des Hochwassers konnten insgesamt begrenzt werden. Die meisten Unternehmen nahmen innerhalb weniger Wochen ihren normalen Betrieb wieder auf.“

Er kann der Katastrophe sogar etwas Gutes abgewinnen: „In einem größeren Zusammenhang hat das Hochwasserereignis zu einem erneuten Interesse an Umwelt- und Wassermanagementtechnologien geführt und damit Potenzial für Innovationen im Bereich der Feststoffverarbeitung im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit und Klimaanpassung eröffnet.“ Dies könnte die Bedeutung des Sektors Umwelt, Abfallwirtschaft und Recycling als Abnehmermarkt für die Feststofftechnik spanischer Anbieter weiter steigern. 2023 lag dieser bei rund 10,2 Prozent des Gesamtmarkts. Auch das wachsende Umweltbewusstsein erfordert innovative Lösungen. Weitere bedeutende Abnehmer waren die Lebensmittelindustrie mit 18,9 Prozent, die weltweit technologische Lösungen zur Verarbeitung und Verpackung nachfragt. Ähnlich wichtig für die spanischen Anbieter ist die Chemiebranche (15,8 Prozent), die auf fortschrittliche Technologien für den Umgang mit Feststoffen setzt.

Hemmnisse und Chancen auf dem US-Markt

Die Wirtschafts- und Zollpolitik der US-Regierung unter Trump könnte möglicherweise zum Hemmnis für die Entwicklung der Feststofftechnologie-Anbieter in Spanien werden. Erhöhte Zölle oder regulatorische Hindernisse könnten den Zugang zum US-Markt erschweren, insbesondere für mittelständische Unternehmen. „Dank seiner Anpassungsfähigkeit und Innovationskraft ist der Sektor jedoch gut aufgestellt, um sich an veränderte Umstände anzupassen“, meint Simon. Er hofft auf positive Effekte durch die US-Fokussierung auf die heimische Infrastruktur und Industrie. „Daraus könnten sich Chancen für leistungsstarke Nischentechnologien ergeben, auf die sich spanische Unternehmen spezialisiert haben. Daher gibt es zwar Herausforderungen, aber auch das Potenzial für strategische Partnerschaften und lokalisierte Produktionsmodelle, um Risiken zu mindern.“

Fazit: Wachstumschancen in einer vernetzten Welt

Der spanische Sektor für Feststofftechnik ist dank seiner Innovationsfähigkeit, seiner starken Exportorientierung und seiner Diversifizierung in Bezug auf Märkte und Sektoren ein wichtiger Akteur in der globalen Industrie. Mit einer soliden Basis in Europa und einer wachsenden Präsenz in Lateinamerika und anderen aufstrebenden Märkten sind spanische Unternehmen gut darauf vorbereitet, sich den künftigen Herausforderungen zu stellen und die Wachstumschancen in einer zunehmend vernetzten Welt zu nutzen.

Eckdaten zum Sektor Feststofftechnologie in Spanien

  • Umsatz: Im Jahr 2023 meldeten 27,7 Prozent der Unternehmen einen Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro, während 12,8 Prozent in der Spanne von 5 bis 7,5 Millionen Euro lagen. Dies spiegelt einen Sektor mit einer Mischung aus großen und mittleren Unternehmen wider.
  • Beschäftigung: Der Sektor beschäftigt eine beträchtliche Anzahl von Arbeitnehmern, wobei 40,4 Prozent der Unternehmen im Jahr 2023 mehr als 30 Mitarbeiter hatten. Diese Daten unterstreichen die Bedeutung des Sektors für die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze in Spanien.

Alle Angaben von Techsolids

Autor

Ulla Reutner
Dr. Ulla Reutner
Chemist and freelance specialised journalist