• 09.06.2025
  • Artikel

Wie funktioniert eigentlich die Lithiumgewinnung?

Lithium kommt in der Erdkruste nicht elementar, sondern nur als Verbindung vor. Um es zu gewinnen, sind komplexe Verfahren nötig. Diese unterscheiden sich grundlegend, je nachdem, ob es sich um Lithiumsalze handelt, die in Wasser gelöst sind (Sole), oder um lithiumhaltige Minerale. Der erste Teil dieses Artikels schildert die mengenmäßig bedeutendste Methode: die Gewinnung aus Mineralen, allen voran Spodumen.

Geschrieben von Dr. Ulla Reutner

Four white-beige ore chunks lie on the palm of a hand
Spodumen-Pegmatit-Erz ist die wichtigste Quelle zur Erzeugung von Lithiumhydroxid, das in Lithium-Ionen-Batterien verwendet wird.

Teil 1: Gewinnung aus Hartgestein

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die weltweite Lithiumproduktion mehr als verzehnfacht, von ca. 20.000 Tonnen im Jahr 2005 auf 240.000 Tonnen 2024. Angetrieben wurde diese Steigerung insbesondere durch die stark zunehmende Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien. Rund 75 Prozent der bislang erzeugten Menge gehen in diese Anwendung. Die Nachfrage wird in den nächsten Jahren weiter deutlich ansteigen. Dies stellt einen Anreiz für die Optimierung der Herstellprozesse dar.

Derzeit decken der Abbau von Lithium-Pegmatiten wie Spodumen und die anschließende Aufbereitung ca. 60 Prozent des weltweiten Bedarfs. Zwischen 30 und 35 Prozent der weltweiten Produktionsmenge werden durch Sole-Verdunstung, vor allem aus Salzseen, gewonnen. Die direkte Lithiumextraktion (DLE) als neustes Produktionsverfahren trägt mit rund zehn Prozent noch relativ gering zur Deckung der Nachfrage bei. Die Verfahren unterscheiden sich grundlegend und damit auch der jeweilige Investitionsbedarf, der Energie- und der Wasserverbrauch.

Luftaufnahme eines Tagebaus mit terrassierten Gesteinsschichten
In Hartgesteinsminen wie Greenbushes im Südwesten Westaustraliens wird Spodumen abgebaut. Das Erz wird zu Spodumenkonzentrat weiterverarbeitet.

Gewinnung aus Spodumen und anderen Hartgesteinen

Die Gewinnung aus Silikatgestein, vor allem in Australien, Kanada, und China, basiert größtenteils auf dem Abbau des Erzes Spodumen (LiAlSi2O6) mit einem Lithiumgehalt von 3,5 bis 3,9 Prozent. Weitere industriell bedeutende Lithiumerze sind Petalit (LiAlSi4O10) und Lithiumglimmer (Lepidolith, K(Li,Al)3(Al,Si,Rb)4O10(F,OH)2) mit maximal drei Prozent Lithium sowie das seltenere Phosphatmineral Amblygonit (LiAl[PO4]F) mit einem Lithiumgehalt von ca. 4,7 Prozent.

Reinigung und Aufkonzentrierung zu SC6

Die im Tagebau oder untertägig gewonnenen Erze werden zu Konzentraten weiterverarbeitet. Dazu wird das Erz zunächst bis auf zehn bis zwölf mm Teilchengröße zerkleinert und anschließend in einer Kugelmühle gemahlen. In Kombination mit Sieben oder Hydrozyklonen erreicht man eine Mahlfeinheit von 75 Mikrometer. Mithilfe von Magneten oder mittels Schwerkrafttrennung werden gegebenenfalls wertvolle Beistoffe wie Tantal oder Niob abgetrennt.

Die zerkleinerte Erzmasse wird mit Wasser vermischt und als Schlamm einer Flotationsanlage zugeführt, in der das feinkörnige Lithiumerz von anderen Mineralien abgetrennt wird. Dazu verändert man die Oberflächenpolarität von Spodumen durch Zugabe von Flotationsmitteln. Erhöht man die Oberflächenpolarität, so haften eingetragene Luftblasen an den Teilchen. Das verleiht ihnen Auftrieb, sodass sie zur Oberfläche treiben und abgeführt werden können (positive Flotation). Auch die umgekehrte Flotation ist möglich: mit Flotationsmitteln, die die Oberflächenpolarität der anderen Minerale erhöhen. Diese werden dann an der Oberfläche abgeführt, während das Spodumen im Schlamm verbleibt.

In einem offenen eckigen Behälter in einer Industrieumgebung befindet sich eine aufgeschäumte graue Flüssigkeit
Ein wichtiger Verfahrensschritt bei der Aufkonzentrierung von lithiumhaltigem Erz ist die Flotation.

Der Flotationsprozess verläuft mehrstufig: Einer groben Flotation folgen mehrere Reinigungs- und Nachbehandlungsflotationen. Nach der Abtrennung der sogenannten Gangart wird der aufkonzentrierte Schlamm in einer Verdickungsanlage zunächst grob entwässert und dann in keramischen Scheibenfiltern, Hochdruckfiltern oder Dekanterzentrifugen weiter entwässert, bis das sogenannte Spodumenkonzentrat (SC6, ein hochreines Lithiumerz mit einem Lithiumgehalt von etwa 6 Prozent) entsteht. Mittels sensorbasierter Sortierung, Reinpartikelflotation und ionenselektiver Trenntechnologien wird angestrebt, den Lithiumgehalt noch weiter zu erhöhen.

Vom Spodumenkonzentrat SC6 zu Lithiumhydroxid

Es gibt mehrere pyrometallurgisch-hydrometallurgische Verfahren, um aus Spodumenkonzentrat die Lithiumverbindungen zu erzeugen, die schließlich industriell, etwa zur Batterieherstellung, benötigt werden.

Kalzinierung und anschließende Extraktion

Eine bewährte Herstellmethode ist die Kalzinierung mit anschließendem Schwefelsäureaufschluss. Dabei wird das Spodumenkonzentrat durch Rösten bei über 1000 °C von einer α- in die reaktivere β-Struktur umgewandelt, aus der sich Lithium leichter isolieren lässt. Beim anschließenden Aufschluss mit konzentrierter Schwefelsäure bei 250 bis 300 °C entsteht lösliches Lithiumsulfat. β-Spodumen kann auch in Schmelzen mit Natrium- oder Kaliumsulfat bei 700 °C reagieren, wobei ebenfalls Lithiumsulfat entsteht. Durch Zugabe von Soda wird schließlich Lithiumcarbonat aus der Lösung gefällt. Es wird durch Ionenaustausch oder Reaktion mit Kalkmilch und Soda zu Lithiumhydroxid umgewandelt.

Alternativ kann β-Spodumen unter Druck mit Natrium- oder Kaliumhydroxid aufgeschlossen werden. Dabei geht Lithiumhydroxid in Lösung. Wird es dagegen mit Natriumcarbonat (Soda) behandelt (Verfahrensentwicklung von Metso), entsteht lösliches Lithium-Natrium-Alumosilikat, aus dem das Lithium in Lösung gebracht wird. Mit Kalkmilch wird es als Lithiumhydroxid gefällt.

Digitales 3D-Modell einer mehrstöckigen Prozessanlage mit Reaktoren, Tanks, Rohrleitungen und weiterer technischer Ausrüstung
Mit seinem umweltfreundlichen alkalischen Drucklaugungsverfahren produziert Metso Lithiumhydroxid in Batteriequalität.

In der Entwicklung befindet sich ein weiteres optimiertes Soda-Leaching-Verfahren von Prime Lithium. Dabei wird das mit Soda vermischte β-Spodumen bei Temperaturen bis zu 1000 °C aufgeschlossen. Es entsteht Lithiumcarbonat, das mit Wasser ausgewaschen wird. Das abgetrennte Lithiumcarbonat wird mit Calciumhydroxid umgesetzt (Causticizing). Calciumcarbonat fällt aus, während Lithiumhydroxid in Lösung verbleibt. Durch Eindampfen und Kristallisation wird schließlich auch hier Lithiumhydroxid-Monohydrat (LiOH·H2O) gewonnen.

In einem von Tesla entwickelten Verfahren wird β-Spodumen mit Natriumchlorid vermischt und in einer Kugelmühle mechanisch aktiviert. Die aktivierte Mischung wird mit Wasser bei etwa 90 °C unter Rühren behandelt. Dabei löst sich Lithium. Die lithiumreiche Aufschlämmung wird filtriert und gereinigt. Das extrahierte Lithium wird schließlich zu Lithiumhydroxid verarbeitet. Da auf starke Säuren verzichtet wird und der Energieverbrauch geringer ist, gilt auch dieses Verfahren als umweltfreundlicher.

Direkter Säureaufschluss und weitere zukunftsträchtige Verfahren

Mehrere renommierte Forschungsinstitute beschäftigen sich mit der direkten Nutzung von α-Spodumen ohne den energieaufwendigen Umweg über die Kalzinierung.

Als potenziell effizienteres Verfahren gilt der direkte Säureaufschluss von α-Spodumen, bei dem dieser direkt mit konzentrierter Schwefelsäure bei 200 bis 250 °C versetzt wird. Dabei entsteht lösliches Lithiumsulfat. Der Säureverbrauch ist dabei jedoch sehr hoch, was Sicherheitsrisiken mit sich bringt. Zudem müssen die sulfathaltigen Abwässer aufwendig gereinigt werden. Gegenüber der Kalzinierung spart das Verfahren jedoch 30 bis 50 Prozent Energie ein. Gerade bei der dezentralen Verwertung von Spodumen in kleinen Anlagen wäre der kompaktere Prozess von Vorteil. Kommerziell wird dieses Verfahren bislang nicht genutzt.

Zum Patent angemeldet ist ein Verfahren der Penn State University. Es nutzt eine Kombination aus Mikrowellen-Röstung unter Zugabe von Natriumhydroxid, die α-Spodumen in eine lösliche Phase überführt. Anschließend wird es mit Wasser ausgelaugt. Die Technologie wird in Zusammenarbeit mit Hertz Energy weiterentwickelt und soll bald in die Pilotphase gehen. Der Energieverbrauch und somit die CO2-Emissionen sind deutlich geringer als bei kalzinierungsbasierten Verfahren. Ein weiterer Vorteil wäre die weniger komplexe Anlage mit weniger Prozesseinheiten.

Fazit und Ausblick: Es geht auch umweltfreundlicher

Die Gewinnung von Lithiumhydroxid aus Spodumenkonzentrat durch Kalzinierung und Säureaufschluss ist weit verbreitet. Der Hochtemperatur-Kalzinierungsprozess zur Phasenumwandlung von α- in β-Spodumen ist jedoch sehr energieintensiv und geht mit hohen Treibhausgasemissionen einher. Auch der Einsatz konzentrierter Schwefelsäure belastet die Umwelt und erfordert erhebliche Investitionen in die Ausrüstung. Für die Akzeptanz neuer Anlagen, insbesondere in Europa, ist es unabdingbar, dass diese nachhaltiger arbeiten. Moderne Verfahren zielen entweder auf einen geringeren Säureeinsatz ab (z. B. Metso, Tesla) oder wollen die Kalzinierung überflüssig machen (Hertz Energy).

Auch die Gewinnung von Lithium aus Sole hat Vorteile gegenüber der Kalzinierungsmethode. Insbesondere die direkte Lithiumextraktion aus lithiumhaltigem Grundwasser, im Idealfall durch erneuerbare Energien angetrieben, gilt als zukunftsweisend. Die Umweltbelastung ist dabei deutlich geringer als bei der herkömmlichen Lithiumgewinnung in Verdunstungsteichen, da die Sole nach der Lithiumentnahme wieder in die Grundwasserleiter zurückgeführt wird.

 

Mehr dazu erfahren Sie ab Juli 2025 in Teil 2 der Artikelserie „Wie funktioniert eigentlich die Lithiumgewinnung?“.

Autor

Ulla Reutner
Dr. Ulla Reutner
Chemist and freelance specialised journalist