• 06.10.2025
  • Artikel

Pharmaausrüstung gibt POWTECH TECHNOPHARM neuen Impuls

Zwischen Wirbelschichtgranulation und aseptischen Transfersystemen, zwischen Isolatoren und digitalen GMP-Lösungen: Auf der POWTECH TECHNOPHARM 2025 war der Wandel der Prozessindustrie mit Händen zu greifen. Die pharmazeutische Verfahrenstechnik hat sich in Nürnberg eindrucksvoll ins Zentrum geschoben – und zeigt, wohin die Reise geht.

Geschrieben von Armin Scheuermann

Containment-Ausrüstung für Pharmazeutische Prozesse auf der Messe Powtech Technopharm
Equipment für die pharmazeutische Produktion bildete auf der POWTECH TECHNOPHARM 2025 einen deutlichen Ausstellungsschwerpunkt.

Wo bislang mechanische Verfahren der klassischen Chemieproduktion wie Zerkleinern, Sieben, Mischen dominierte, blitzte zuletzt polierter Edelstahl: Die TECHNOPHARM kehrte im September nach Nürnberg zurück und gab der bisherigen POWTECH einen neuen Impuls.  Pharma- und Biotechanwendungen prägten nicht nur das Bild der Pharma-Fokushalle 10, sondern auch weiterer Bereiche der POWTECH TECHNOPHARM, die sich in 2025 von Halle 9 bis Halle 12 erstreckte. Die Gründe dafür liegen auf der Hand – und in der Konjunktur begründet.

Chemie stagniert, Pharma wächst – und spürt geopolitischen Druck

Die Prozessindustrie in Europa zeigt 2025 ein zweigeteiltes Bild. Während die chemische Industrie weiter unter Investitionsstau, Energiepreisen und schwacher Nachfrage leidet, wächst die Pharmaindustrie – allerdings unter neuen geopolitischen Risiken.

Laut VCI sank die Produktion der chemischen Industrie in Deutschland im ersten Halbjahr 2025 um 2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Auch der Umsatz lag mit -1 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die Cefic berichtet für die europäische Chemieindustrie ebenfalls von einem Rückgang der Produktionsleistung im ersten Quartal 2025, nachdem 2024 noch ein Zuwachs von +2,4 Prozent verzeichnet worden war. Investitionen, insbesondere im Bereich der Basischemikalien und Petrochemie, bleiben weiterhin aus.

Dem gegenüber zeigt sich die Pharmaindustrie als konjunktureller Stabilisator. Nach Angaben des vfa verzeichnete die Branche im Gesamtjahr 2024 ein Produktionswachstum von 2,9 Prozent und einen Umsatzanstieg von 2,5 Prozent. Für 2025 rechnet der Branchenverband vfa mit 3,5 Prozent mehr Investitionen und einem Produktionsplus von 1,8 Prozent. Mit einem Exportvolumen von 27 Mrd. Euro in die USA ist der US-Markt essenziell – genau hier droht jedoch neue Unsicherheit. Die Ankündigung der US-Regierung unter Präsident Trump, 100-Prozent-Zölle auf patentgeschützte Arzneimittelimporte zu erheben, versetzt die Branche in Alarmbereitschaft. Sollte die Maßnahme umgesetzt werden, wären ein Viertel der deutschen Pharmaexporte gefährdet – mit Folgen für Investitionen, Produktionsstandorte und Lieferketten.

Ob die Zölle tatsächlich greifen, ist politisch offen – doch schon jetzt reagieren Unternehmen mit Risikoanalysen, Marktdiversifikation und wachsendem Druck zur Verlagerung von Produktionsanteilen in die USA. Verbände wie vfa, BPI und VCI fordern rasche europäische Antworten: Stärkung des Binnenmarkts, resilientere Lieferketten und gezielte Investitionsanreize in Europa.

Blick ins Publikum des Science Slam auf der POWTECH TECHNOHPHARM 2025
Publikum im FORUM TECHNOPHARM

POWTECH TECHNOPHARM 2025: Halle 10 als Nukleus der GMP-Innovation

Der Bereich TECHNOPHARM wurde 2025 als klare Plattform für pharmazeutische Verfahrenstechnik innerhalb der bisherigen POWTECH neu positioniert. Halle 10 bildete das Zentrum: mit einem eigenständigen FORUM TECHNOPHARM, kuratierten Fachbeiträgen und dem Pharma-in-Focus-Pavillon als sichtbarem Innovationscluster.

Das FORUM TECHNOPHARM bot ein durchgehend hochkarätiges Programm mit starker pharmazeutischer Ausrichtung. Im Mittelpunkt standen die Themen Containment, GMP-Compliance, Digitalisierung und kontinuierliche Produktion. Zahlreiche Beiträge widmeten sich der sicheren Handhabung hochpotenter Wirkstoffe und der Umsetzung regulatorischer Anforderungen, insbesondere der EU-GMP-Guideline Annex 1. Von der Praxisumsetzung bei Boehringer Ingelheim bis zu einem kritischen Überblick über Herausforderungen und Strategien für moderne Containment-Systeme reichte das Themenspektrum. Auch die standardisierte SMEPAC-Methode zur Partikelrückhaltebewertung wurde als Messlatte für GMP-gerechtes Anlagen-Design ausführlich diskutiert.

Gleichzeitig wurde deutlich, dass Digitalisierung längst nicht mehr nur ein Schlagwort ist, sondern fester Bestandteil moderner GMP-Strategien. Beiträge zur KI-gestützten Mikrodosierung, zur Nutzung von Prozessdaten für Requalifizierungen oder zur automatisierten Chargenführung zeigten praxisnah, wie pharmazeutische Prozesse durch smarte Systeme effizienter, sicherer und robuster werden. Auch digitale Lieferkettenmodelle – etwa über HealthTrack-X – fanden Beachtung.

Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt lag auf der kontinuierlichen Herstellung fester Arzneiformen. Hier standen Themen wie Mini-Batch-Konzepte, PAT-Methoden, Pulvercharakterisierung und die Integration funktioneller Hilfsstoffe im Vordergrund. Hersteller wie Bayer, AbbVie und Meggle lieferten tiefe Einblicke in ihre Entwicklungsarbeit. Auch innovative Messtechniken wurden vorgestellt und in Bezug auf Qualitätssicherung und Prozessrobustheit eingeordnet.

Ergänzt wurde das Programm durch Beiträge zur Nachhaltigkeit – unter anderem in der Gefriertrocknung – und zur Oberflächenbeschaffenheit von Edelstahl in GMP-Umgebungen. Darüber hinaus verliehen Formate wie der VDI Science Slam oder Diskussionen zur Generation Z & Alpha dem Forum zusätzliche Tiefe.

Pharma-in-Focus-Pavillon: Technologie zum Anfassen

Direkt angrenzend an das Forum präsentierte sich der Pharma-in-Focus-Pavillon als kompakter, aber hochkarätiger Branchentreff. Acht spezialisierte Aussteller zeigten in einem fokussierten Areal praxisrelevante Lösungen für moderne Pharmaprozesse: von der Prozesstechnik bis zur Lieferkette.

  • CMO-SYS stellte mit dem VS100 einen 3D-Volumenscanner für Dichte-, Porositäts- und Volumenbestimmung vor – ideal zur In-Prozess-Kontrolle in der Tablettierung.
  • Dockweiler zeigte pharma-gerechte Edelstahlrohre und Orbitalschweißtechnik für totraumarme Systeme.
  • Syntegon unterstrich seine Linienkompetenz für feste Arzneiformen – inklusive Granulation, Tablettierung und Coating.
  • Valicare fokussierte auf GMP-Consulting, Isolatortechnik und regulatorische Services.
  • Cargo Movers präsentierte GDP-konforme Logistiklösungen für Kühlketten- und Spezialtransporte.
  • Raff + Grund zeigte Skids, CIP-/SIP-Systeme und Behälter mit GMP-Dokumentation.
  • GMP-Verlag Peither bot Fachliteratur und Tools zur strukturierten Umsetzung regulatorischer Anforderungen.
  • Malvern Panalytical demonstrierte Partikelanalytik für Qualität und Prozessrobustheit mit Live-Demos.
Vortragende des Science Slam im FORUM TECHNOPHARM 2025
Neue Vortragsformate wie der Science Slam sorgten für Abwechslung im Vortragsprogramm des FORUM TECHNOPHARM.

Fazit: Pharma als Stabilitätsfaktor mit Perspektive

Die POWTECH TECHNOPHARM 2025 zeigte eindrucksvoll: Die pharmazeutische Verfahrenstechnik hat sich vom Nischenthema zum Innovationstreiber entwickelt. Mit dem pharmazeutischen Cluster, einem praxisnahen Forum und einem thematisch fokussierten Ausstellerpavillon ist ein neues Zentrum auf der Messe entstanden – inhaltlich klar profiliert, wirtschaftlich relevant und strategisch zukunftsfähig.

Die nächste Ausgabe findet vom 29. September bis 1. Oktober 2026   in Nürnberg statt. Geplant sind ein erweiterter Pharma-Schwerpunkt, neue internationale Forenformate sowie ein stärkerer Fokus auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und regulatorische Innovationen.

Autor

Armin Scheuermann
Armin Scheuermann
Chemical engineer and freelance specialised journalist