• 09.06.2025
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Konjunktur Maschinenbau: Wachstumsimpulse aus der Verfahrenstechnik

Die Erwartungen an die neue Regierung in Deutschland sind hoch. Jetzt soll es bald wieder richtig aufwärtsgehen. Der Maschinenbau – traditionell stark im Export – hofft dabei auf Märkte, die bisher wenig im Fokus standen. Ohnehin sind einige der Fachzweige, die auf der POWTECH TECHNOPHARM dominieren, überraschend stark. Und auch eine wichtige Besucherbranche eröffnet mit Großinvestitionen neue Perspektiven.

Geschrieben von Dr. Ulla Reutner

Production facility for colourful gummy bears, which are transported via a stainless steel vibratory conveyor system
Süßes statt Saures: Haribo und etliche andere Nahrungsmittelhersteller investieren in großem Maßstab in Deutschland. Verfahrenstechnik gehört dazu.

Der VDMA bringt es auf den Punkt: „Gemeinsam finden wir den richtigen Kurs und stärken die Resilienz der Unternehmen“, verspricht er seinen Mitgliedern. „Sicher durch wirtschaftliche Turbulenzen“ zu kommen sei das Ziel. Ein Rückblick aufs erste Quartal 2025 erlaubt zumindest einen Funken Hoffnung. Zwar ist der Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland mit einem Minus von 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum ins neue Jahr gestartet, der März zeigte jedoch einen leichten Aufwärtstrend. Ein genauerer Blick auf die Exportmärkte verdeutlicht eine neue Dynamik im Nahen und Mittleren Osten, in Zentral-, Süd- und Südostasien, in Afrika und Lateinamerika. Die Ausfuhren in diese Länder legten spürbar zu, im Nahen und Mittleren Osten sogar um 13,4 Prozent. „Diese Entwicklung ist eine Chance, aber sie braucht gezielte politische Flankierung. Etwa durch neue Handelsabkommen sowie mehr Unterstützung bei Finanzierung und Marktzugang", sagt Dr. Gernandt, Chefvolkswirt des VDMA.

Dämpfer durch Verunsicherung

Da jedoch die Exportquote aller Fachbereiche bei rund 80 Prozent liegt, hätten Einschränkungen des offenen Handels gravierende Folgen. Die Zollpolitik der US-Regierung und die damit verbundenen Unsicherheiten könnten die deutschen Maschinenbauer hart treffen. Denn die USA sind der größte Einzelmarkt. Im April gingen die Auftragseingänge bereits um 6 Prozent zurück. Immerhin legten dabei die Orders aus den Euro-Partnerländern um 11 Prozent zu.

Steuert der große „Deal-Maker“ also direkt oder indirekt die Geschicke des deutschen Maschinenbaus? Dagegen stemmt sich der VDMA – und er baut dabei nicht nur auf eine Kehrtwende der Politik, sondern vor allem auf die Stärke seiner Mitglieder. Verbandspräsident Bertram Kawlath formulierte es im Januar in der Süddeutschen Zeitung wie folgt: „Wenn sich die Welt so schnell bewegt, ist keine Zeit für Bequemlichkeit. Ich bin Segler. Wenn der Wind stark weht, müssen Sie raus aus der Kajüte, auch wenn es draußen nicht sehr gemütlich ist.“

Der VDMA sieht sich dabei als Lotse für seine Mitgliedsunternehmen. Er will sie unter anderem dabei unterstützen, flexibel zu reagieren, Strukturen anzupassen und die richtigen Innovationen an Bord zu holen. Die Firmen sollen gleichzeitig ihre Kosten im Griff behalten sowie neue Märkte und neue Geschäftsmodelle erschließen. Mit den richtigen Recruiting-Strategien und moderner Personalentwicklung soll der Maschinen- und Anlagenbau dem Nachwuchsmangel vorbeugen. Ganz unmittelbar hilft der VDMA seinen Mitgliedern als Wegweiser im Regulierungsdschungel. Er konfrontiert aber auch die politische Führung mit der Notwendigkeit von Reformen, angefangen beim Bürokratieabbau über den Ausbau der Infrastruktur (Digitalisierung, Energie inklusive Erneuerbare, Verkehr) bis hin zur Modernisierung der Arbeitsmärkte.

Ansicht des VDMA-Gemeinschaftsstands mit blauem Banner und VDMA-Logo mit Tischen und Stühlen auf einer zentralen gelben Fläche und mehreren kleineren Messeständen an den Rändern
Raum für partnerschaftlichen Austausch, Networking und Impulse bietet die Sonderschau des VDMA auf der POWTECH TECHNOPHARM.

VDMA-Gemeinschaftsstand auf der POWTECH TECHNOPHARM

Für die Mitglieder der Fachverbände Allgemeine Lufttechnik sowie Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate bietet der VDMA spezielle Unterstützung – mit einer gemeinsamen Sonderschau auf der POWTECH TECHNOPHARM im September. Gerade neue Player auf dem Markt haben dort die Möglichkeit, ihre Innovationen rund um die Herstellung und Verarbeitung von Pulver, Granulat, Schüttgut und Flüssigkeit zu präsentieren. Viele weitere VDMA-Mitgliedsunternehmen gehören ohnehin seit vielen Jahren zu den Ausstellern der Messe und profitieren von der zunehmenden Internationalität sowie der Ausweitung auf den TECHNOPHARM-Bereich.

Die Erwartungen der Aussteller sind groß. Mit Blick auf die Konjunkturzahlen zu Recht. Erfreulich für die Communities der POWTECH TECHNOPHARM und auch der FACHPACK, die zeitgleich stattfindet, sind die Wachstumsimpulse, die im ersten Quartal 2025 von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen (plus 3,4 Prozent laut VDMA) und den Verfahrenstechnischen Maschinen und Apparaten (plus 2,8 Prozent) ausgingen. Zusammen mit den Flüssigkeitspumpen (plus 3,5 Prozent) konnten sie die Entwicklung anderer Maschinenbau-Fachzweige, allen voran die der Baumaschinen (minus 18,8 Prozent) ein wenig kompensieren.

Visualisierung des geplanten Werks als modernes Industriegebäude mit Maoam-Branding, umgeben von Grünflächen, Bäumen und einer Wasserfläche
300 Millionen Euro will Haribo in ein neues Werk in Neuss investieren und dort auf einer Fläche von 20 Fußballfeldern besonders nachhaltig Maoam produzieren.

Große und mittelständische Lebensmittelhersteller investieren 
Gerade die Lebensmittelhersteller sorgen derzeit mit Großinvestitionen in Deutschland für Aufmerksamkeit und gute Stimmung. Haribo, Ferrero, Schwartau, Ditsch und Bonback investieren zwei- bis dreistellige Millionenbeträge in neue Werke oder Linien in Deutschland und setzen dabei auf innovative Technologien, so die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Auch Mittelständler wie der Gewürzspezialist Raps und die Engelke Mühlengruppe planen neue Anlagen oder nehmen diese bereits in Betrieb.

Internationale Wachstumsimpulse aus Indien und Brasilien

International entwickelt sich Indien immer mehr zu einem wachstumsträchtigen Markt für den Maschinen- und Anlagenbau. Dem VDMA Business Climate Survey zufolge erwarten 62 Prozent der Mitgliedsfirmen vor Ort eine Verbesserung der Geschäftslage – mit einem Umsatzwachstum von 9 Prozent für 2025/2026.

Auch Brasilien entwickelt sich positiv, mit einem Umsatzwachstum von 13 Prozent im Jahr 2024. 31 Prozent der Befragten berichten aktuell von einer guten Geschäftslage. Für 2025 rechnen die Unternehmen mit 7 Prozent Wachstum. Auf der FCE Pharma und der FCE Cosmetique vom 10. bis 12. Juni 2025 in São Paulo, den größten Veranstaltungen für die jeweiligen Märkte in Lateinamerika, bekommt der Maschinenbau dort gerade neue Impulse. Die beiden Fachmessen gehören zur Processing Alliance der NürnbergMesse, von der Aussteller und Besucher der POWTECH TECHNOPHARM profitieren.

Autor

Ulla Reutner
Dr. Ulla Reutner
Chemist and freelance specialised journalist